Meine Rede zum Antrag „Vergabe von Messehallen an Aktionsplan zur Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus knüpfen“

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Vielen Dank an die Fraktion DIE FRAKTION für diesen Antrag, der nach Meinung von uns Grünen in die richtige Richtung geht, zu dem wir aber in der Koalition noch Beratungsbedarf haben. Nicht alle Koalitionspartner sind davon überzeugt, dass ein Ausschluss rechtsextremer Verlage der richtige Schritt ist und berufen sich dabei auf die Meinungsfreiheit, die auch für rechtsextreme Verlage gelten solle. Ich bin da anderer Meinung, aber dazu später mehr.

Euer Antrag vom November letzten Jahres bekam ja leider in den vergangenen Tagen und Wochen eine neue Dimension, die über die eigentliche Intention, die Buchmesse, weit hinausgeht.

Luftballons in Form von Schweinen, versehen mit einem Davidstern, die dann auf der Bühne abgeschossen werden. Antisemitische und israelfeindliche Äußerungen. Nähe zum BDS. Schuldumkehr im Ukrainekrieg. Leugnung der russischen Gräueltaten und Kriegsverbrechen in der Ukraine. Wir sprechen hier von einem Menschen, der Ende Mai in der Festhalle ein Konzert geben will, wir sprechen von Roger Waters, dem Mitgründer von Pink Floyd.

Die Festhalle ist ein besonderer Ort in Frankfurt. Ja, sie ist unsere „gudd Stubb“, aber sie spielt auch eine Rolle in den dunkelsten Tagen unserer Stadt. Zwischen dem 10. und 17. November 1938 wurden in einer Verhaftungswelle insgesamt 3000 jüdische Männer dort hingetrieben, von Mitgliedern von SA,  SS und NSDAP erniedrigt und anschließend über den Südbahnhof in die Konzentrationslager Buchenwald und Dachau gebracht, ein Großteil dieser Männer wurde schließlich von den Nationalsozialisten ermordet. An diesem Ort will ein Mensch auftreten, der sich offen antisemitisch äußert, der Hassbotschaften gegenüber Israel verbreitet, der die Politik Israels mit der der Nazis in den 30er Jahren gleichsetzt und der Künstler*innen einschüchtert und beschimpft, die in Israel auftreten? Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage NEIN, so ein Mensch darf in unserer Stadt keinen Platz haben und schon gar nicht in unserer Festhalle mit ihrem dunklen historischen Hintergrund.

Ob der Auftritt überhaupt seitens der Messe verhindert werden kann, ist derzeit noch Gegenstand von juristischen Prüfungen. Diese Prüfungen sind aber zumindest mal ein konkreter Schritt, nachdem bisher von der Messe nur Ausreden kamen, aber das sind wir schon von der Buchmesse gewöhnt. Zum Beispiel, dass man zur Neutralität verpflichtet sei. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, nein, bei Antisemitismus, Rassismus und Israelfeindlichkeit kann und darf es keine Neutralität geben, hinter der sich eine Messe oder wer auch immer verstecken kann. Und nein, hier reden wir nicht von einer Einschränkung der Meinungsfreiheit oder von „auch solche Meinungen müssen wir aushalten“. Rassismus und Antisemitismus sind keine Meinung und schon gar nicht bin ich, sind wir Grüne, bereit, so etwas „auszuhalten“. Im Gegenteil. „Nie wieder“, hieß es nach dem Ende der Nazi-Diktatur, und „nie wieder“ bedeutet auch, nie wieder Hass auf Menschen mit einem anderen Glauben zuzulassen.

Wir dürfen und werden Antisemitismus und jede andere Form der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit in unserer Stadt keinen Raum geben, auch und gerade nicht in der Kultur, diese Lehren müssen wir aus der documenta, die in unserem Bundesland ebenfalls Schauplatz von Antisemitismus in der Kultur war, mitnehmen.

München steht wie Hamburg, Berlin und Köln vor einem ähnlichen Problem wie wir hier in Frankfurt. Die Olympiapark München GmbH hat den Auftritt von Waters bereits rechtlich prüfen lassen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass eine einseitige Absage des Konzerts seitens der OMG und damit der Stadt München juristisch keinen Bestand haben wird. Der Konzertveranstalter hat zudem unmissverständlich klargemacht, dass die Absage des Konzerts in der Olympiahalle für ihn nicht zur Debatte steht. Nun mag die Rechtslage in Hessen vielleicht etwas abweichend von der in Bayern sein, das vermag ich als nicht-Juristin nicht zu beurteilen, aber es steht zu befürchten, dass auch hessische Gerichte ähnlich urteilen würden und die Messe dazu gezwungen wird, das Konzert zuzulassen. Was wären dann unsere Optionen? Ein Vertragsbruch seitens der Messe und damit ihrer Gesellschafter, der Stadt Frankfurt und dem Land Hessen, würde Schadensersatzansprüche und Vertragsstrafen nach sich ziehen, diese können 2 bis 3 Millionen Euro betragen. Aber, und das haben Prüfungen durch das Rechtsamt ergeben, einen Auftritt Waters würde dies nicht verhindern, er würde und wird sich in die Festhalle einklagen.

Ob Waters nun in Frankfurt auftritt oder nicht, können wir an dieser Stelle noch nicht beantworten, natürlich hoffe ich und hoffen wir Grüne, dass in der Festhalle am 28.05. im wörtlichen Sinne keine Bühne für Waters zur Verfügung steht. Sollte es zu einem Auftritt kommen, und davon ist leider im Moment realistischerweise auszugehen, wird und muss es Protest aus der Stadtgesellschaft geben, dieser Protest ist richtig und wichtig und muss von uns unterstützt werden.

Ebenso wichtig ist es, dass wir aus dem Konzert von Waters lernen, dafür ist der Antrag der Fraktion DIE FRAKTION ein guter erster Aufschlag. Die städtischen Einrichtungen, und damit meine ich nicht nur die Messe, sondern auch Kultureinrichtungen wie die städtischen Bühnen oder die Alte Oper, müssen bei ihren Verträgen künftig genau darauf achten, an wen sie vermieten. Die M 103 aus 20, die im Antrag der Fraktion zitiert wird, ist meines Erachtens dafür eine gute Grundlage. Dies muss auch für die Buchmesse gelten.

Es würde mich freuen, wenn wir es in Frankfurt schaffen, einem Menschen, der offen antisemitisches Gedankengut verbreitet, eine Bühne zu versagen und ihm ganz deutlich klarmachen, dass in unserer Stadt kein Platz für ihn ist. Und wenn wir dies aus juristischen Gründen nicht schaffen, alles zu tun, um so eine Situation künftig zu verhindern.

Zum Abschluss habe ich noch eine Bitte an alle OB-Kandidat*innen. Bitte halten Sie dieses Thema aus dem Wahlkampf raus. Es gibt unter Ihnen und Euch eine große Einigkeit, dass wir dieses Konzert nicht in unserer Stadt haben wollen und dass Antisemitismus auf jeder Ebene bekämpft werden muss, nicht nur in Frankfurt. Aber ein Überbietungswettbewerb an Empörung und möglichen oder unmöglichen Maßnahmen ist dem sensiblen Thema nicht angemessen und sollte kein Gegenstand in Ihrem und Eurem Wahlkampf sein.

Vielen Dank!

Den Antrag der Fraktion „Die FRAKTION“ findet Ihr hier.

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